Schützer von Bienen und Artenvielfalt

Eine große Artenvielfalt von Insekten trägt zu nachhaltiger Landwirtschaft bei, beispielsweise durch Bestäubung. Doch auf welche Spezies kommt es an und wie schützt man diese? Dr. Christian Maus ist Insekten-Forscher und setzt sich für die Sicherheit von Pflanzenschutzmitteln für Bestäuber ein.
Ob Erdbeeren, Melonen, Äpfel oder Mandeln: Etwa 75 Prozent der Nutzpflanzen weltweit profitieren zumindest zu einem bestimmten Ausmaß von der Bestäubung durch Insekten. Bestäubende Insekten tragen pro Jahr etwa 235 bis 577 Milliarden US Dollar zur globalen Wirtschaft bei – das sind bis zu acht Prozent der gesamten Produktion von Nutzpflanzen. Viele Menschen ahnen nicht, wie unverzichtbar die Bestäubungsleistung der Insekten für viele Nahrungsmittel ist, die wir genießen. Der Öffentlichkeit mag auch nicht immer bewusst sein, dass wir diese Bestäubungsleitung optimieren können, indem wir dafür sorgen, dass Bestäuber gedeihen. Es gibt eine ganze Reihe von Insektenarten, die für die Bestäubung unserer Nutzpflanzen wichtig sind – darunter viele Bienenarten. Die relevanteste dieser Bestäuber-Art ist zweifellos die Honigbiene. Im Grunde genommen faszinieren mich aber alle Insekten – und das schon mein ganzes Leben lang.

Dialog über Bienen und Bestäuber fördern
Die Landwirtschaft hat bereits große Entwicklungen durchlaufen, um die Produktivität und Nachhaltigkeit zu steigern. Doch die Anforderungen steigen weiter: Die globale Bevölkerung wächst – Agrarflächen bleiben gleich. Der Ertrag pro Fläche muss daher weiter steigen. Dazu braucht es effiziente Bestäubung und effektiven Pflanzenschutz. Wir müssen unsere Ressourcen nutzen, dabei das Ökosystem schonen und die Artenvielfalt erhalten.
Was für einige wie ein unüberwindbarer Gegensatz klingt, ist für uns gut vereinbar: Bei Bayer helfen wir Landwirten, durch integrierte Schädlingsbekämpfung ihre Erträge zu maximieren – unter anderem durch den Einsatz von chemischen und biologischen Insektiziden. Vor jeder Zulassung eines Pflanzenschutzmittels stellt unser Bienen-Expertenteam sicher, dass richtig angewendete Produkte keinen negativen Einfluss auf Bestäuber haben. Dazu führen wir großangelegte Labor- und Feldstudien durch, zum Teil gemeinsam mit akademischen Partnern. Im Zusammenhang mit solchen und anderen wissenschaftlichen Kooperationen besteht meine Hauptaufgabe darin, die Fäden aller beteiligten Interessensvertreter zusammenzuhalten. Es reicht nicht, wenn nur die Wissenschaftler ihre eigenen Studien kennen. Deshalb vermittle ich oft zwischen Wissenschaftlern, Politikern, Zulassungsbehörden, Landwirten, Imkern und Medienvertretern. Ein offener Dialog treibt Forschung und Fortschritt voran.
Bienenschutz ist populär
Auf zahlreichen internationalen Fachkongressen und anderen Events präsentiere ich unsere gemeinsamen Aktivitäten zur Bienengesundheit – und auch meine eigenen Ansichten dazu. Häufig interessiert sich die Öffentlichkeit vorrangig für die Bienensicherheit von Pflanzenschutzmitteln. Deshalb stellen wir Studienergebnisse vor oder präsentieren neueste Technologien, die Bienengesundheit in der Landwirtschaft fördern. Darüber hinaus entwickeln wir beispielsweise zusammen mit unseren wissenschaftlichen Partnern Blühmischungen, die Farmer zwischen ihren Feldern pflanzen können, um so die Artenvielfalt von Insekten zu steigern. Diese farbenfrohen Inseln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen bieten Lebensraum für eine Vielfalt an Insekten.
Auch wenn mein Job vielfältig und variabel ist, kann er auch ein bisschen frustrierend sein. Denn: Gegen emotionale Stellungnahmen von Kritikern kommen Fakten leider nicht immer an. Ich habe gelernt, ruhig zu bleiben und Behauptungen und Anschuldigungen nicht persönlich zu nehmen. Ich versuche immer wieder, unsere Expertise und unser Fachwissen in den Vordergrund meiner Präsentationen und Vorträge zu stellen. Doch nicht jeder ist so dialogbereit wie wir. Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind die Diskussionen über Neonikotinoide und deren Bienensicherheit. Diese führten schließlich zu einer Restriktion dieser Insektizide innerhalb der EU. Neonikotinoide werden beispielsweise als Beizmittel verwendet – unter anderem für Rapssaaten. Obwohl viele Studien belegen, dass Bienenvölker unter Feldbedingungen nicht zu Schaden kommen, gewannen lautere Stimmen die Oberhand. In Folge der Beschränkung sanken Rapserträge, die Industrie verlor fast 900 Millionen Euro und in einigen Regionen bauen Landwirte weniger Raps an. Ich hoffe, durch meine Arbeit am Bee Care Center die Debatten zurück auf ein tatsachenbezogenes und wissenschaftliches Level zu bringen.

Bienen für die Welt
Mein Experten-Team und ich sind in wissenschaftliche Projekte auf der ganzen Welt involviert. Vor kurzem starteten wir ein Forschungs-Programm in Kenia, in das wir verschiedene Interessenvertreter einbinden. In diesem Projekt klären wir Kleinbauern über die Wichtigkeit von Bestäubern in der Landwirtschaft auf. In anderen Projekten führen wir auch Studien durch, um festzustellen, welche spezifischen Bestäuber für welche Anbaukulturen in bestimmten Regionen wichtig sind. In all’ diese unterschiedlichen Tätigkeiten eingebunden zu sein, bedeutet für mich, dass ich morgens nie genau weiß, was der Tag bringen wird. Zudem reise ich viel. Es bleibt immer spannend. Ruhe finde ich in meiner Freizeit bei Wanderungen oder ausgedehnten Spaziergängen mit meiner Frau.
Lebenslauf Christian Maus
1968 |
Geboren in Freiburg im Breisgau, Deutschland |
1988 |
Abitur in Freiburg |
1989-1997 |
Biologie-Studium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Deutschland |
1997 |
Diplom-Biologe, Universität Freiburg |
1997 |
Gastwissenschaftler an der Universität Kansas, USA |
2001 |
Doktorarbeit an der Universität Freiburg; Thema: “The evolution of the genus Aleochara (Coleoptera, Staphylinidae): a synthesis of molecular systematic and morphological approaches”. |
2000-2002 |
Laborleiter für landlebende Arthropoden, Ökotoxikologie, Bayer AG, Monheim |
2003-2009 |
Produktverantwortlicher Forscher / Global Lead Scientist Ökotoxikologie, Bayer AG, Monheim |
2010/12-heute |
Global Lead Scientist and Pollinator Safety Manager, Bayer Bee Care Center |
Ausgewählte Publikationen
Performance of honey bee colonies under a long-lasting dietary exposure to sublethal concentrations of the neonicotinoid insecticide
Reinhold Siede, Lena Faust, Marina D Meixner, Christian Maus, Bernd Grünewald und Ralph Büchler (2017)
Wiles Online Library: (wileyonlinelibrary.com) DOI 10.1002/ps.4547
Lesen (auf Englisch)
Bienensicherheit der neonicotinoiden
Insektizide – Eine Position aus der Pflanzenschutzindustrie
Christian Maus; veröffentlicht in Menschen und Bienen – Ein nachhaltiges Miteinander, Stephan Lorenz und Kerstin Stark (Hrsg.) (oekom Verlag, 2015)
The assessment report on Pollinators, Pollination and food production
IPBES (2016). The assessment report of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services on pollinators, pollination and food production. S.G. Potts, V. L. Imperatriz-Fonseca, and H. T. Ngo, (eds). Secretariat of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, Bonn, Germany. 552
Lesen (auf Englisch)
Drei Fakten über Dr. Christian Maus:
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Bei ihm zu Hause steht noch heute seine eigene Käfersammlung.
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Manchmal nutzt er Langstreckenflügen, um ungestört Romane zu lesen.
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Er wünscht sich mehr wissenschaftlich fundierte Entscheidungen im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln in Europa.