23
Juni
2021
|
10:00
Europe/Amsterdam

Größere Anstrengungen bei Prävention von Diabetes mellitus gefordert

Zusammenfassung

Primärprävention: Ernährung und Bewegung als treibende Kraft der Diabetesprävention durch verhältnispräventive Maßnahmen fördern / Optimierungsbedarf beim Einsatz von Screeningverfahren zur Früherkennung / Digitalisierung bietet neue Chancen für Ärzte und Patienten bei Vernetzung, Therapiemonitoring und -optimierung

Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit:

Leverkusen, 23. Juni 2021 - Jedes Jahr steigt in Deutschland die Zahl der Menschen mit Diabetes mellitus um etwa eine halbe Million an.(1) Und das, obwohl die Mehrzahl der Fälle durch eine gute Prävention vermieden werden könnte. Zwar hat der Deutsche Bundestag im Juli 2020 den Start einer nationalen Diabetesstrategie beschlossen, mit der die Vorbeugung und Früherkennung von Diabetes mellitus gestärkt und ausgebaut werden soll. Jedoch appellieren Experten ein Jahr danach beim diesjährigen Hauptstadt-Kongress, die in dem 8-Punkte-Plan vorgeschlagenen Handlungsfelder nun dringend in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehört seitens der Politik verbindliche Rahmenbedingungen zu setzen, die es wahrscheinlicher machen, dass sich Menschen mehr bewegen und gesund ernähren. „Wir haben die Verabschiedung der nationalen Diabetesstrategie sehr begrüßt. Allerdings erscheint uns vieles zu mutlos und vage formuliert. Und von den guten Ansätzen im Papier ist leider noch nichts umgesetzt worden“, beklagt Prof. Dr. Monika Kellerer, Past-Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. bei dem von Bayer Vital unterstützten Symposium.(a) Dabei hat neben der Primärprävention von Typ-2-Diabetes (T2D) die Vermeidung von schwerwiegenden Folgeerkrankungen eine besondere Bedeutung. 

Optimierungspotenzial beim CKD-Screening 

Die chronische Nierenerkrankung (CKD) ist mit rund 40 Prozent(2) eine der häufigsten Komplikationen bei Diabetes. Neben dem fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion haben diese Patienten ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. 

Analysen der Register-Daten DIVE (Diabetes Versorgungs-Evaluation) und DPV (Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation) zeigen, dass Verbesserungspotenzial sowohl in Bezug auf die Diagnose von Nierenerkrankungen als auch auf die Therapie bei Diabetes besteht.(2), (3) „Die drei Therapiesäulen glykämisch, hämodynamisch und anti-fibrotisch werden derzeit nicht ausreichend genutzt,“ erklärt Prof. Dr. Peter Bramlage vom Institut für Pharmakologie und präventive Medizin GmbH (IPPMed), Berlin. „Die Register-Ergebnisse verdeutlichen, dass die CKD mit Komplikationen verbunden ist und damit erhebliche Kosten verursacht“.

In die Analyse waren 343.675 erwachsene Patienten mit T2D eingeschlossen worden. Etwa die Hälfte davon hatte eine CKD, wobei diese bei den Patienten unterschiedlich stark ausgeprägt war.(1) Charakteristisch für die Patienten mit T2D und CKD waren ein höheres Alter, der Frauenanteil war größer und die Diabetesdauer länger im Vergleich zu T2D-Patienten ohne CKD. Zu den möglichen Folgeerkrankungen von T2D zählen die diabetische Retinopathie, Herzkreislauf-Erkrankungen oder der diabetische Fuß. Die Analyse der Registerdaten bestätigt, dass diese Folgeerkrankungen signifikant häufiger bei Patienten mit T2D und CKD auftraten als bei Patienten, die allein einen T2D aufwiesen. 

In einer weiteren Analyse(3) untersuchte Bramlage die Leitlinien-Adhärenz: „Die Leitlinienempfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) und European Association for the Study of Diabetes (EASD) haben wir mit dem Vorgehen im klinischen Alltag verglichen, um Verbesserungsansätze aufzudecken“. So wird beispielsweise empfohlen, dass Patienten mit T2D mindestens einmal jährlich durch die Bestimmung der eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate) und des Albumin-Kreatinin-Verhältnisses (UACR) auf eine mögliche Nierenerkrankung hin untersucht werden sollten. Aus den Studiendaten geht jedoch hervor, dass bei nur rund der Hälfte der T2D-Patienten Albumin und Kreatinin bestimmt wurden, um das aussagekräftigere UACR berechnen zu können. Häufig wurde allerdings auch nur das Albumin im Urin bestimmt.(3)

Augen auf: ophthalmologisches Screening bei Diabetes mellitus ausbaufähig

Ein Verlust der Sehkraft wird von Patienten mit Diabetes mellitus am meisten gefürchtet. Rund jeder fünfte Patient mit Diabetes mellitus entwickelt im Verlauf seiner Erkrankung eine diabetische Retinopathie, die sich zu einem behandlungsbedürftigen diabetischen Makulaödem (DMÖ) entwickeln kann. Diabetes-bedingte Augenkomplikationen stellen die Patienten vor zahlreiche Herausforderungen. „Das hat Auswirkungen auf die gesamte Therapie. Das Diabetes-Selbstmanagement wird schwierig, da Packungsbeilagen nicht mehr entziffert werden oder die Blutzuckerwerte nicht mehr abgelesen werden können“, berichtet Prof. Dr. Antonia Joussen, Charité - Universitätsmedizin Berlin. 

Das Behandlungsmanagement der diabetischen Retinopathie fußt auf der Optimierung der Blutzucker-, Blutdruck und Blutfettwerte. Beim Diabetischen Makulaödem mit Beeinträchtigung der zentralen Sehkraft hat heute die intravitreale operative Medikamentenapplikation (IVOM) mit sogenannten VEGF-Inhibitoren (VEGF, vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor) die LASER-Koagulation verdrängt und bietet damit eine effektivere Therapieoption. Entscheidend für den Therapieerfolg ist die rechtzeitige Diagnostik. „Leider gibt es hierzulande kein standardisiertes Screening-Programm wie in England. Dabei gibt es heute sogar Verfahren zur Mustererkennung, die Veränderungen an der Netzhaut detektieren können. Ein Foto von der Netzhaut genügt, um eine behandlungsbedürftige Netzhautveränderung zu erkennen. Das ist mit relativ einfachen technischen Mitteln möglich,“ berichtet Joussen. Sie weist auf die Komplexität dieser diabetischen Erkrankung und das dadurch erhöhte kardiovaskuläre Risiko hin. „Augenärzte sollen und müssen Mediatoren sein, denn sie sehen Schäden bereits an den kleinen Kapillargefäßen, bevor größere Gefäße betroffen sind. Eine bessere Vernetzung der verschiedenen Fachrichtungen, die bei einem so großen Problemgebiet wie dem Diabetes mellitus beteiligt sind, ist wünschenswert. Ebenso können optimierte Screeningsysteme eine große Hilfe sein“, resümiert Joussen.

Zu unverbindlich: die nationale Diabetesstrategie

Welche politischen Schritte zu einer umfassenden Diabetes-Prävention beitragen können, erörterte Dr. Kirstin Kappert-Gonther, Mitglied des Deutschen Bundestages für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Die Mehrzahl der diabetischen Folgeerkrankungen kann durch eine gute Prävention vermieden werden. Auch die Zunahme von Neuerkrankungen ließe sich vermindern, wenn man es geschickt angeht.“ Die nationale Diabetesstrategie soll der Bundesregierung als Leitlinie für Gesetzesvorgaben dienen. In acht Eckpunkten listet der Antrag der Regierungskoalition mögliche Maßnahmen auf, wie die Verbesserung von Disease-Management-Programmen, eine stärkere Verankerung der Themen Ernährung und Bewegung in der Arztausbildung sowie die Erfassung und Nutzung von Daten über Diabetes in Deutschland. Dr. Kappert-Gonther wünscht sich mehr Verbindlichkeit bei den Formulierungen - so gibt es im Bereich Ernährung keine verbindliche Kennzeichnungspflicht ungesunder Lebensmittel. 

„Es braucht mehr Verbindlichkeit in der Prävention. Ernährung und Bewegung sind dabei die treibenden Kräfte. Hier kann die Politik Rahmenbedingungen schaffen, die dazu führen, dass sich Menschen besser ernähren und mehr bewegen“, erklärt Kappert-Gonther. Ein Ansatzpunkt sei es, die Verhältnisse in den Quartieren zu verbessern, so dass sich die Menschen gerne bewegen. Durch solche verhältnispräventiven Maßnahmen und entsprechende Aufklärung ließen sich die großen Themen wie Gesundheit und Klimaschutz sogar miteinander verbinden, sodass eine Win-Win-Situation entstehe. 

Digitale Tools für die diabetische Praxis

Beim Management von Diabetes mellitus fallen zahlreiche Daten an, zum Beispiel Blutzuckerwerte, Insulinabgaben, Medikationen, Mahlzeiten und Nährwerte, Bewegungsaktivität sowie Vitaldaten wie Blutdruck und Gewicht. Diese zunehmend digital erfassten Daten müssen zwischen Patienten und Behandler ausgetauscht, analysiert und bewertet werden. Ein datengestützter Austausch zwischen Arzt und Patient ist nicht nur digital gut möglich, er ist auch datenschutzkonform und bildet die Basis für eine gemeinsame Abstimmung und Anpassung der Therapie. 

Digitale Werkzeuge unterstützen nicht nur die Erfassung von krankheitsrelevanten Daten, sie ermöglichen auch eine lösungsorientierte Darstellung, die die Gesundheitskompetenz von Patienten fördert und sie motivieren kann. Beispielsweise kann eine bloße Erinnerungsfunktion in einer App die Adhärenz fördern und so zu einer besseren Blutzuckereinstellung beitragen. „Digitale Tools unterstützen beim Therapiemonitoring, dokumentieren Ergebnisse und Prozesse. Sie helfen aber auch dabei, sich zu vernetzen, in Diskussion zu kommen, den Blickwinkel zu öffnen und neue Möglichkeiten zu erkennen und zu entdecken“, resümiert Dr. Tobias Ohde, Ambulantes Diabeteszentrum Essen-Nord. Er setzt sich für die smarte Diabetologiepraxis ein und sieht in der Digitalisierung einen großen Nutzen für die Prävention und Versorgung der Diabetes-Patienten.

Über Bayer
Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Life-Science-Gebieten Gesundheit und Ernährung. Mit seinen Produkten und Dienstleistungen will das Unternehmen Menschen nützen und die Umwelt schonen, indem es zur Lösung grundlegender Herausforderungen einer stetig wachsenden und alternden Weltbevölkerung beiträgt. Bayer verpflichtet sich dazu, mit seinen Geschäften einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Gleichzeitig will der Konzern seine Ertragskraft steigern sowie Werte durch Innovation und Wachstum schaffen. Die Marke Bayer steht weltweit für Vertrauen, Zuverlässigkeit und Qualität. Im Geschäftsjahr 2020 erzielte der Konzern mit rund 100.000 Beschäftigten einen Umsatz von 41,4 Milliarden Euro. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung beliefen sich bereinigt um Sondereinflüsse auf 4,9 Milliarden Euro. Weitere Informationen sind im Internet zu finden unter www.bayer.de

Die Bayer Vital GmbH vertreibt die Arzneimittel der Divisionen Consumer Health und Pharmaceuticals in Deutschland. Mehr Informationen zur Bayer Vital GmbH finden Sie unter: www.gesundheit.bayer.de

(a) „Diabetes: Handeln, bevor es zu spät ist!“ im Rahmen des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit vom 15. - 17. Juni 2021, (online)

(1) Nationale Diabetes-Surveillance am Robert Koch-Institut (2019) Diabetes in Deutschland - Bericht der Nationalen Diabetes-Surveillance 2019. Robert Koch-Institut, Berlin
(2) Bramlage et al. Cardiovasc Diabetol 2019; 18 (1): 33
(3) Bramlage et al. BMC Nephrology (2021) 22:184 https://doi.org/10.1186/s12882-021-02394-y

 

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