Wie schützen Bio-Bauern ihre Pflanzen vor Schädlingen und Krankheiten?
Auch Bio-Bauern müssen ihre Pflanzen vor Pilzbefall, Schadinsekten und Krankheiten schützen. Der Verzicht auf konventionelle Pflanzenschutzmittel ist ein weitgehend befolgtes Grundprinzip des Biolandbaus. Daher nutzen sie beispielsweise Schwermetallsalze oder Bakterien. Einige davon sind sowohl für die Gesundheit als auch ökologisch bedenklich.
Zur Bekämpfung von Pilzinfektionen ist zum Beispiel das Schwermetall Kupfer für den Biolandbau unverzichtbar. Kupfersalze reichern sich nicht nur im Boden an, sondern schädigen auch Bodenlebewesen sowie Wasserorganismen, wenn sie ins Oberflächenwasser geraten. Die EU-Ökoverordnung erlaubt bis zu sechs Kilogramm Reinkupfer pro Hektar und Jahr. In Deutschland sind bei Bio-Wein, Bio-Kartoffeln und Bio-Obst bis zu drei Kilogramm pro Hektar und Jahr erlaubt.
Es mehren sich daher die Stimmen, auch von Vertretern der ökologischen Landwirtschaft, die sich für den Einsatz der „Genschere“ CRISPR/Cas aussprechen. Denn damit können beispielsweise Pflanzen gezüchtet werden, die den Einsatz von Kupfer im Ökolandbau überflüssig machen könnten.
Gegen Insekten setzt der Biolandbau auf Nützlinge, doch wenn die Schädlinge überhandnehmen, werden neben Bakterien auch Pflanzengifte wie Pyrethrum-Extrakte bzw. Pyrethrin, Azadirachtin und das (in Deutschland nicht mehr erlaubte) Rotenon angewandt.
Pyrethrumextrakte und Pyrethrin sind Nervengifte, die auch das menschliche Zentralnervensystem angreifen und sich im Gehirn anreichern. Bei Langzeitbelastungen können sie im Fettgewebe gespeichert werden. Sie stehen zudem im Verdacht, Schilddrüsen- und Leberkrebs auszulösen. Sie sind giftig für alle Insektenarten, auch für Nützlinge, und sehr giftig für Fische. Azadirachtin, das im Extrakt des Neembaums enthalten ist, schädigt Hummeln schon bei geringen Konzentrationen. Deutsche Ökolandwirte kämpfen inzwischen auch für eine weitere Zulassung des synthetischen Fungizids Kaliumphosphonat, weil ihnen in feuchten Sommern sonst ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Pilzbefall fehlt.
Zusätzlich zu ihrer Giftigkeit für Mensch und Umwelt sind diese Mittel wenig effizient und schädigen unspezifisch – Nachteile, die bei chemischen Pflanzenschutzmitteln durch chemische Modifikationen weitgehend ausgeglichen werden können.
Hinzu kommt: Nützlinge können sich in Schädlinge verwandeln. So steht der Trichoderma-Schlauchpilz, dessen lebende Sporen seit Jahrzehnten vor allem im Bio-Gemüseanbau eingesetzt werden, um andere pilzliche Krankheitserreger wie Grauschimmel oder Fusarium zurückzudrängen, seit einiger Zeit unter Verdacht, erhebliche Schäden beim Mais hervorzurufen – eine neu aufgetretene Entwicklung.
Abhilfe könnten moderne Methoden der Präzisionszüchtung wie etwa die „Genschere“ CRISPR/Cas schaffen, die der Biolandbau bislang nicht als Verbesserung der erlaubten Mutationszucht akzeptiert. Doch inzwischen sind zahlreiche Stimmen aus der Wissenschaft der Ansicht, dass CRIPSR/Cas mit den Standards des Ökolandbaus kompatibel ist.
Agrarforscher aus ganz Europa geben zu bedenken, dass eine Ausdehnung des Ökolandbaus – wie sie z. B. von der Farm-to-Fork-Strategie der EU gefordert wird – leicht zu weniger anstatt zu mehr Nachhaltigkeit führen könnte, wenn sie unter den gegenwärtigen rechtlichen Beschränkungen der Biotechnologie stattfinden würde. Die weltweit steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln würde bei mehr Ökolandbau und mehr Konsum von Bio-Lebensmitteln in der EU zu einer Ausdehnung der Ackerflächen führen. Die Umwandlung von Naturflächen in Ackerland ist jedoch einer der größten Treiber von Klimawandel und Artenschwund.
Genome Editing könnte die Produktion von Lebensmitteln nachhaltiger gestalten und die Qualität, aber auch die Resistenz von Pflanzen gegen Dürre, Feuchte, Schädlinge und Krankheiten verbessern. Denkbar bzw. bereits erprobt sind auch Pflanzen, die mit weniger Dünger und Pflanzenschutzmitteln hohe Erträge liefern.
Der Ökolandbau könnten mit Genome Editing von pilzresistenten Sorten profitieren und damit dem Einsatz der für Boden-, Wasser- und Säugetiere besonders giftigen Kupfersalze reduzieren.
Unterstützung kommt auch von Urs Niggli, 30 Jahre lang Leiter des renommierten Forschungsinstituts für ökologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz. In seinem neuen Buch „Alle satt?“ stellt er die Frage, warum nicht auch der Ökolandbau Genome Editing akzeptieren sollte, wenn damit z.B. eine Weizensorte mit Resistenz gegen den Echten Mehltau gezüchtet wird – eine Krankheit, die immer wieder zu hohen Ernteausfällen führt. Mehltauresistenz auf konventionelle Art in das komplexe Weizengenom einzubauen, ist nämlich nicht möglich, während Genome Editing alle dafür verantwortlichen Gene gleichzeitig in allen sechs Chromosomensätzen des Weizens ausschalten könnte.