Gelebte Demokratie – warum ein Bayer-Mitarbeiter für Berlin kandidiert
Parteipolitik ist nicht nur was für „die da oben“. Mitarbeit in Parteien steht jedem offen. Bayer-Mitarbeiter Till Voss kandidiert auf der Landesliste Niedersachen. Im Interview erzählt er, was ihn zur Mitarbeit in einer Partei bewegt hat – und was er dabei lernt.
Till, du trittst im Bundestagswahlkampf als Kandidat an. Wie bist du zur Politik gekommen?
Ich habe als Siebenjähriger die Wende miterlebt. Als ich sah, wie sehr das meinen Vater, der in den 50er Jahren aus Leipzig in den Westen gezogen ist, bewegte, hat mich das tief geprägt. Aus der Zeit muss in mir der Eindruck haften geblieben sein, dass Politik ungeheuer großen Einfluss auf das Leben der Menschen haben kann. Mit diesem Eindruck habe ich mich später in der Jugendorganisation einer Partei und später in der Partei engagiert. Ich habe mit Plakaten kleben angefangen und war dann in der Kommunal- und Landespolitik aktiv. Mit dem zweiten Staatsexamen habe ich allerdings einen klaren Schnitt gemacht. Ich wollte mich auf den Berufseinstieg konzentrieren und unabhängig von politischen Mandaten sein. Beruflich war ich immer in Bereichen tätig, wo es um Schnittstellen zur Politik geht. Als dann meine Kinder etwas größer waren, habe ich wieder mit der Politik begonnen.
Ich habe mit Plakaten kleben angefangen.
War der Wiedereinstieg schwierig?
Viel leichter als gedacht. Ich habe mich sofort wieder willkommen gefühlt. Das Interessante war, dass dadurch auch andere aus meinem Bekannten- und Freundeskreis wieder anfingen, politisch aktiv zu werden, was ich auch gegenseitig sehr bereichernd fand.
Klappt das Nebenbei von Beruf und Politik?
Es ist eigentlich ziemlich problemlos. Ich kann zum Glück meine Arbeitszeit ziemlich frei gestalten und Bayer unterstützt die Bereitschaft seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Übernahme von Mandaten, öffentlichen Ämtern und Ehrenämtern. Was ich sehr schön finde: Bei uns, auch in meinem direkten Arbeitsumfeld, gibt es sehr engagierte Anhänger aller großen Parteien. Das führt durchaus zu interessanten und kontroversen Debatten von aktuellen Themen und bereichert dadurch immer auch die Perspektive und Diskussionskultur.
Das Ringen um die besten Konzepte ist in unserer Demokratie sehr etabliert und das brauchen wir – gerade auch als Gegengewicht zu den oft verkürzenden und verzerrenden Debatten von Kampagnen und auf Social Media.
Es ist ja oft zu lesen, dass Parteien Nachwuchsprobleme haben. Hat sich das Parteienmodell überlebt?
Ich hoffe nicht – und ich glaube es auch nicht. Für mich sind Parteien der Ort, wo politische Willensbildung von Grunde auf passiert. Das Ringen um die besten Konzepte ist in unserer Demokratie sehr etabliert und das brauchen wir – gerade auch als Gegengewicht zu den oft verkürzenden und verzerrenden Debatten von Kampagnen und auf Social Media. Die Debattenkultur in den Parteien als Teil der Gesellschaft ist hier ein für die Demokratie lebenswichtiger Gegenpol.
Geht es bei den Gesprächen an den Wahlkampfständen nur um den Versuch, Wähler zu gewinnen, oder haben die Gespräche auch Auswirkungen auf dich?
Letzteres. Ich begegne da sehr vielen unterschiedlichen Menschen mit ganz vielen verschiedenen Perspektiven. Das weitet den eigenen Blick – was für Politiker ungeheuer wichtig ist. Und es erdet enorm, zu sehen, mit welch grundlegenden Problemen die Menschen oft zu kämpfen haben.