Glyphosat – was sind die Alternativen?

Unkrautentfernung mit der Hand

Wer Landwirtschaft betreibt, muss dafür sorgen, dass die Nutzpflanzen ungehindert wachsen können. Dazu gehören Maßnahmen, die den Schädlingsbefall in Schach halten ebenso wie Düngung und Bewässerung. Wichtig ist aber auch die Entfernung von Pflanzen, die die gesäten Zuckerrüben und Mais, das gepflanzte Gemüse oder das Obst beeinträchtigen, weil sie den Nutzpflanzen Platz, Licht, Wasser und Nährstoffe streitig machen. Hinzu kommt, dass viele dieser sogenannten Beikräuter giftig sind und Rückstände dieser Pflanzen ganze Ernten verunreinigen können.

Die erste und wichtigste Bekämpfungsmaßnahme findet bereits vor der Aussaat, beziehungsweise Anpflanzung statt, um den Nutzpflanzen einen Startvorteil zu verschaffen. Glyphosat ist hier besonders geeignet, weil es die pfluglose und damit bodenschonende Vorbereitung ermöglicht und die abgestorbenen Pflanzenreste über dem Boden eine schützende Mulch-Decke bilden, während sie verrotten. Dies geschieht in der Regel im Frühjahr, wenn wegen der kühlen Witterung kaum Insekten aktiv sind.

 

Ohne Glyphosat müssten viele Landwirte zukünftig den Bewuchs wieder umpflügen oder eine intensive Bodenbearbeitung durchführen. Das ist aufwendig und kostet Treibstoff, bringt die Bodenstruktur durcheinander, beeinträchtige Bodenlebewesen, darunter dort befindlichen Insektenlarven und entfernt die Pflanzendecke, indem sie in den Boden eingearbeitet wird. Der Boden ist danach kahl und der Witterung ungeschützt ausgesetzt – ein Zustand, der bei Wind und Regen Erosion befördert. Hinzu kommt, dass die Nutzfläche dann mehrfach mit schweren Maschinen befahren werden muss und Bodenverdichtungen verstärkt. Kurzum: Bodenbearbeitung schadet der Biodiversität im Boden.

 

Nach Angaben von Klaus Gehring von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft haben Berechnungen ergeben, dass die Abkehr vom Glyphosateinsatz allein in Deutschland pro Jahr 180.000 Tonnen mehr Diesel und 18 Millionen zusätzliche Arbeitsstunden nötig machen würde. Das wären 500 Millionen Euro zusätzliche Kosten jährlich – und 500.000 Tonnen mehr Kohlendioxid-Äquivalente.

 

Häufig wird über "Bio-Herbizide" berichtet, die als Ersatz für Glyphosat z.B. Bewuchs von gepflasterten Flächen, Gleisbetten usw. verhindern sollen. Es handelt sich dabei um ätzende Kontaktgifte wie Pelargonsäure und Essigsäure. Die Bezeichnung "Bio" leitet sich davon ab, dass diese Stoffe in der Natur vorkommen (obwohl sie im Biolandbau verboten sind). Abgesehen von der Geruchsbelästigung, über die sich Anwohner regelmäßig nach dem Ausbringen beschweren, sind diese Chemikalien tödlich für Klein- und Kleinstlebewesen. Zudem töten sie nur die oberirdischen Pflanzenteile ab, nicht jedoch das Wurzelwerk, so dass sie häufiger ausgebracht werden müssen. Sie eignen sich vor allem für städtische Flächen, Bahnanlagen und Privatgrundstücke. Für die großflächige Anwendung in der Landwirtschaft sind sie zu teuer, es fehlt an geeigneten Technologien zur Ausbringung und sie sind zumeist für diesen Zweck nicht zugelassen.

 

Als Alternative für die Landwirtschaft werden neben dem Pflügen auch thermische und elektrophysikalische Methoden diskutiert. Dabei wird die Pflanzendecke zur Bodenvorbereitung mithilfe eines vielflammigen Propangasbrenners, der an einem Ackerschlepper befestigt ist, abgeflämmt oder mit Heißdampf verbrüht. Abgesehen von den hohen Energiekosten, dem Brandrisiko und dem dabei entstehenden CO2-Ausstoß vernichten diese Methoden auch Bodenlebewesen – Bakterien und Pilze ebenso wie Würmer, Insektenlarven und Kleintiere.

 

All diese Methoden sind sehr schädlich für Bodenbrüter, aber auch für Insekten wie Hummeln oder Erdbienen, deren Nester und Bauten bei der Anwendung dieser Techniken zerstört werden.

 

Realistisch ist daher, dass Landwirte zur Bekämpfung von Unkräutern auf andere zugelassene Herbizide umsteigen. Dabei handelt es sich jedoch um Anwendungen von Mitteln, die im Vergleich zu Glyphosat eine negativere Umweltbilanz aufweisen und in einigen Fällen auch häufiger eingesetzt werden müssen.

 

Methoden wie Untersaaten und Mischkulturen sind für verschiedenste Nahrungspflanzen eine mögliche, allerdings arbeits- und kostenintensive Methode, unter der auch die Qualität des Ernteguts leiden kann. Es kann zu Konkurrenz zwischen den Pflanzen selbst und zwischen Pflanzen und Unkraut kommen, was es schwierig macht, die Produktivität der einzelnen Pflanzen zu maximieren. Qualitäten können leiden, wenn durch Untersaaten Verunreinigungen oder höhere Feuchtigkeit mit ins Erntegut eingetragen wird. Untersaaten sind nicht auf allen Standorten geeignet, z.B. wenn Ampfer und Quecke wachsen oder Bodenstrukturprobleme wie zum Beispiel Verhärtungen vorliegen. Auch bei Trockenheit haben Versuche gezeigt, dass die Untersaat sehr schwer zu etablieren ist. Selbst im Biolandbau sind sie noch keine massentaugliche Anbauweise, so dass auch Biolandwirte noch immer auf den Pflug zur Unkrautvernichtung zurückgreifen müssen.

 

Eine Umfrage von top agrar in Deutschland ergab im Juli 2023, dass 76 % der insgesamt 1.149 befragten Personen angaben, bisher keine praktikable Alternative zu Glyphosat gefunden zu haben.

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Die meisten haben bislang als Alternative mechanische Methoden der Bodenbearbeitung genutzt oder mit Methoden wie Fruchtfolge, bodendeckenden Zwischenfrüchten oder Direktsaat experimentiert.

 

Für 2023 hat die Deutsche Bahn AG den Totalausstieg aus der Verwendung von Glyphosat angekündigt. Stattdessen will die Bahn für die Vegetationskontrolle in Gleisbetten und auf Anlagen auf eine "ökologische Alternative" setzen. 

 

Auf einer Fachtagung im März berichteten von der Bahn beauftragte Dienstleister ebenso wie Sachverständige aus verschiedenen Behörden jedoch von zahlreichen Problemen der alternativen Verfahren. Problematisch sei vor allem die Vegetation, die von Feldern und Gärten heranrücke, wie Ackerschachtelhalm und Efeu oder invasive Arten wie der japanische Staudenknöterich. Hier wäre es "sehr aufwändig, komplett auf den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat zu verzichten", so das Urteil.

 

Die vorgeschlagenen Heißwasser-Methoden scheide nach umfangreichen Literaturrecherchen sowie ersten Tests und Versuchen aus, hieß es seitens des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung (DZSF) beim Eisenbahn-Bundesamt. "Ursächlich hierfür sind unter anderem der hohe Energiebedarf sowie die angesichts zunehmender Trockenheit (Klimawandel) schwer vertretbaren bisherigen Einsatzmengen an Wasser (≥ 10 L/m2) bei einer ganzflächigen Anwendung." Auch Methoden, die ultraviolettes Licht verwenden, scheiden wegen unvertretbar hohem Energieverbrauch und weitgehender Unwirksamkeit aus.

 

Von Problemen berichtet auch das Julius-Kühn-Institut. Die Wirkungsgrade thermischer Behandlungen würden " vergleichsweise hohe Streuungen" aufweisen und ihr Erfolg lasse sich "wegen der vielen Einflussgrößen wie Witterung, Unkrautart und Unkrautgröße" nur schlecht prognostizieren. Thermische Maßnahmen müssten zudem bis zu 8x im Jahr wiederholt werden, um mehrjährigen Arten am erneuten Austreiben zu verhindern.