Warum werden Pflanzen patentiert?
Egal ob sinkende Armut oder steigende Lebenserwartung – viele positive Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte haben die Menschen dem technischen und medizinischen Fortschritt zu verdanken. Dabei spielen Patente eine wichtige Rolle.
Innovationen haben nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für Unternehmen, die wissenschaftlich arbeiten, eine enorme Bedeutung. Sie sind häufig einer der bedeutendsten Wettbewerbsfaktoren.
Oft braucht es jedoch etliche Jahre und Investitionen von vielen Millionen Euro, um bei einer neuen Entwicklung den Durchbruch zu erzielen. So ist die Entwicklung innovativer Medikamente oder die Züchtung neuer Pflanzen extrem aufwändig und teuer. Damit sich Unternehmen die hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf Dauer überhaupt leisten können, brauchen sie die Sicherheit, ihre neu entwickelten Produkte und Technologien für eine gewisse Zeit exklusiv vermarkten zu können. Dies wird seit jeher durch Patente sichergestellt, die das geistige Eigentum des jeweiligen Erfinders schützen.
Der Patentschutz geht mit der Veröffentlichung der Erfindung einher. Während der Phase des Patentschutzes kann der Erfinder Nutzungsrechte vergeben. Nach dem Auslaufen des Patentschutzes kann jeder die Erfindung frei nutzen. Auf diese Weise wird technischer Fortschritt verbreitet.
Pflanzen können patentiert werden, wenn sie gezielt so verändert wurden, dass sie ein neues Merkmal aufweisen und zum Beispiel gegen Schädlinge oder Dürre resistent sind oder verbesserte Erträge abwerfen. Solche Erfindungen erzielen Züchter üblicherweise durch gentechnische Veränderungen, sie sind aber auch mithilfe anderer Züchtungsverfahren möglich.
Innovationen ermöglichten in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft. Während 1960 ein Landwirt in Deutschland 17 Menschen ernährte, waren es 2018 bereits 135 (Quelle). Ende der 1950er Jahre wurden in Deutschland pro Hektar 3,2 Tonnen Weizen erzeugt; 2020 waren es 7,8 Tonnen (Quelle). Bei Kartoffeln stieg der Ertrag von 23 auf 42,5 Tonnen (Quelle) und bei Zuckerrüben von 36 auf 73,3 Tonnen pro Hektar (Quelle). Im gleichen Zeitraum ist die Weltbevölkerung auf 7,4 Milliarden Menschen angewachsen. Und noch immer leiden rund 800 Mio. Menschen an Hunger. Ohne weitere signifikante Ertragssteigerungen wird es daher nicht möglich sein, zukünftig alle Menschen auf dem Globus zu ernähren.
GERATEN LANDWIRTE DURCH GESCHÜTZTES SAATGUT IN DIE ABHÄNGIGKEIT VON GROSSEN KONZERNEN?
Jedem Landwirt ist es selbst überlassen, woher er sein Saatgut bezieht. Er kann das Saatgut sowohl selbst erzeugen, als auch bei regionalen, nationalen oder internationalen Anbietern kaufen. Die Tatsache, dass viele Landwirte heute die letztgenannte Variante bevorzugen, liegt an den höheren Erträgen und Qualitätsvorteilen, die auf jahrzehntelanger Forschung beruhen. Zu verdanken haben wir dies in erster Linie jahrzehntelanger Forschung und entsprechend bahnbrechenden Innovationen.
Wenn ein Landwirt zertifiziertes Saatgut vom Züchter kauft, ist im Preis eine Lizenzgebühr enthalten. Behält er einen Teil der Ernte zurück und setzt dieses Saatgut für eine neue Aussaat ein, muss er dafür zunächst ebenfalls Gebühren zahlen. Viele Landwirte entscheiden sich alljährlich für den Kauf von zertifiziertem Saatgut, um stets den züchterischen Fortschritt zu nutzen und hohe Erträge bei sehr guter Qualität zu erzielen. Bei bestimmten Kulturen wie Mais, Raps und Zuckerrüben kommen in der Regel Hybridsorten zum Einsatz, die robuster und ertragreicher sind als herkömmliche Sorten. Da dieses Saatgut seine Vorteile auf natürliche Art und Weise in der Folgegeneration verliert, müssen Bauern Hybridsaatgut jedes Jahr neu kaufen. Das Gleiche gilt für Sorten die aufgrund aufwändiger und kostenintensiver Forschung vom Erfinder patentiert wurden.
Kein Landwirt ist jedoch gezwungen, unter Sorten- und Patentschutz fallendes Saatgut zu kaufen. Er kann jederzeit das Saatgut wechseln und lizenzfreies Saatgut nutzen, das unabhängig von Saatgutkonzernen gezüchtet worden ist. Die Auswahl ist groß.
Der kommerzielle Markt für Saatgut stellt übrigens nur einen Teil des weltweiten Gesamtangebots dar. In vielen Entwicklungsländern (Quelle) liegt die Züchtung in der Hand öffentlicher Einrichtungen oder die Bauern züchten ihr Saatgut noch selbst. In Westafrika beispielsweise produzieren 90-98% der Bäuerinnen und Bauern ihr eigenes Saatgut; in Ost- und Südafrika sind es 70 bis 95%. Quelle
Nach Meinung von einheimischen Experten ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass der afrikanische Saatgutmarkt bald einigen wenigen Großkonzernen gehört, denn dafür sind die klimatischen Verhältnisse ebenso wie der afrikanische Markt zu komplex. Aber mit kostenlosen lokalen Sorten allein lässt sich die Versorgung auch nicht sichern. Notwendig für die Entwicklung besserer und lokal angepasster Sorten sind daher vor allem öffentliche Forschungseinrichtungen. Quelle
Fazit: Entgegen manchen Behauptungen haben Patente bislang zu keiner Verknappung von verfügbarem Saatgut und zu keiner entsprechenden Abhängigkeit von Landwirten von wenigen großen Unternehmen geführt.