Was kann mit CRISPR/Cas erreicht werden?

A person cutting a dna strand with a pair of scissors.

Es gibt bereits eine ganze Reihe von Forschungsprojekten bis hin zu ersten Zulassungen – hervorzuheben sind hier eine bessere Widerstandskraft von Reis oder Weizen gegen Pilzinfektionen, besserer Geschmack von Tomaten oder das Ausschalten von Allergenen in der Erdnuss.

CRISPR/Cas ist die bislang eleganteste Methode des Genome Editing – und die „demokratischste“: Da sie sehr preiswert und einfach ist, wird sie zunehmend auch von Universitäten und Forschungseinrichtungen in Ländern verwendet, in denen keine großen Forschungsetats zur Verfügung stehen. Das geht natürlich nur, wenn sie nicht als „Gentechnik“ eingestuft wird. Sonst wird auch diese Methode auf die großen Unternehmen beschränkt bleiben, denn diese haben in der Regel die Ressourcen, um den dann teuren und langwierigen Zulassungsprozess zu bestreiten.

 

Angesichts des Klimawandels und begrenzter Anbauflächen sieht das World Resources Institute es als zwingend notwendig an, die Effizienz der Landwirtschaft bei der Nutzung natürlicher Ressourcen und damit die Nahrungsmittelproduktion signifikant zu steigern, um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können. Dies verlange vor allem auch eine forciertes Vorantreiben von Innovationen und das volle Ausschöpfen des Potenzials neuer Technologien. Hierzu zählt die Organisation insbesondere das Genome Editing als „Revolution in der Molekularbiologie“, das neue Möglichkeiten der Pflanzenzüchtung eröffne. Wichtig seien in diesem Zusammenhang regulatorische Rahmenbedingungen, die den Unternehmen Anreize bieten, neue Technologien zu entwickeln und zu vermarkten.

 

Laut einer Übersichtsarbeit des Julius Kühn-Instituts in Quedlinburg wurden bislang (Stand: Mai 2018) 1.328 Studien mit verschiedenen Methoden des Genome Editing an insgesamt 68 Pflanzenarten durchgeführt, 1.032 davon nutzten das im Herbst 2020 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete CRISPR-Cas-Verfahren. Bei vielen Studien handelt es sich um Grundlagenforschung, aber es gibt bereits 99 marktorientierte Studien an 28 Nutzpflanzen, vor allem Reis und weiter Tomaten, Mais, Weizen und Sojabohnen. Neben höherem Ertrag und Resistenzen gegen Pflanzenkrankheiten geht es auch um die Qualität – etwa Weizen mit reduziertem Glutengehalt, Blattsalat mit erhöhtem Vitamingehalt oder Kartoffeln, die länger frisch bleiben und beim Erhitzen weniger Acrylamid produzieren. Bereits vermarktet wird in den USA eine mit dem älteren Genom-Editierungs-Verfahren TALEN veränderte Sojabohne mit verbessertem Fettsäureprofil.


Beim Reis veröffentlichte das internationale Forschungskonsortium „Healthy Crops“ 2019 in Nature Biotechnology einen Erfolg mit Genome Editing, der vor allem Kleinbauern nützt. Die Forschergruppe entwickelte Reispflanzen mit Resistenz gegen mehrere Bakterienarten, die die Weißblättrigkeit verursachen. Diese Reiskrankheit kann Ernteausfälle von bis zu 75 Prozent verursachen und betrifft in Asien vor allem Kleinbauern, die sich keine Pflanzenschutzmittel leisten können.

Was Genome Editing sonst noch leisten kann, zeigte kürzlich ein Team aus Deutschland, den USA und Brasilien: Ihnen gelang die Zucht einer neuen Kulturtomate direkt aus Wildtomate Solanum pimpinellifolium: Mit Hilfe von CRISPR-Cas wurden insgesamt sechs Gene der Wildtomate durch sogenannte Funktionsverlust-Mutationen gezielt inaktiviert. Aus den auf diese Weise veränderten Pflanzen wurden nach dem Heranwachsen geeignete Mutterpflanzen ausgewählt und die Tochtergeneration auf ihre Merkmale und Inhaltsstoffe überprüft.


Als Ergebnis entstand eine neue Sorte. Sie hat zahlreiche Eigenschaften moderner Kulturtomaten (oval geformte Früchte, die bei Regen nicht so schnell aufplatzen und kompakten Wuchs), trägt aber mehr Blüten und zehnmal so viele und fünfmal größere Früchte als die Wildtomate. Die Vorteile gegenüber Kulturtomaten sind ein fünfmal so hoher Gehalt des Antioxidans Lycopin und ein besserer Geschmack, vor allem aber die Widerstandsfähigkeit der Wildtomate gegenüber Pflanzenkrankheiten. Mit konventioneller Zucht konnten die drei letztgenannten Eigenschaften seit Jahrzehnten nicht eingekreuzt werden.

Diese „Neu-Domestizierung“ mit Genome Editing hat daher enormes Potenzial, um Kulturpflanzen mit neuen, wünschenswerten Eigenschaften zu erzeugen, ohne dass wertvolle Merkmale der Wildpflanzen verloren gehen. Es wird damit auch möglich, Pflanzen, die bislang nicht oder nur sehr begrenzt durch den Menschen genutzt werden, durch gezielte Vergrößerung ihrer Früchte, Wurzeln oder Knollen oder die Verbesserung anderer Domestikationsmerkmale in neuartige Nutzpflanzen zu verwandeln.